Fußgängertunnel-Versagen nicht mehr hinnehmbar: Will die Bahn das Projekt überhaupt noch (zeitnah) beenden? 27. August 2023 Still ruht der See: Schon seit Wochen passiert nichts mehr am Tunnel. Die Eröffnung des Tunnels verschiebt sich in unbekannte Ferne. Obwohl Zeuthen etwa eine halben Million Euro zahlen muss (festgelegt in einen Realisierungs- und Finanzierungsvertrag), bleiben viele Details für die Gemeinde im Unklaren. Bis auf einen kleinen einmaligen Zuschuss für den Ortsbus hat die Verzögerung für die Bahn bislang keine Nachteile. Im Gegenteil: Sie profitiert sogar von einer späteren Fertigstellung. Zum Jahresbeginn 2023 schien das Ende des Tunnel-Chaos in Sichtweite: Bis zum Sommer sollte die Unterführung soweit fertigestellt werden, dass man beide Bahnseiten wieder zu Fuß ohne Umweg über die Schranke erreichen kann. Zum Herbst hin sollte dann der Bahnsteig via Tunnel erreichbar sein. Lediglich bei den Aufzügen gab es noch terminliche Unsicherheiten… Im Frühjahr 2023 waren dann tatsächlich Bauarbeiten zu beobachten – allerdings nur von kurzer Dauer. Schon seit Wochen gab es daher Zweifel, ob die Bahn bei ihrem Versprechen bleibt. Oder ob es sich – wie so oft bei diesem Projekt – nur um einen „Versprecher“ handelte. Zur Erinnerung: Eigentlich sollte das 2018 begonnene Bauwerk ein Jahr später, also 2019 fertiggestellt werden. Immer wieder haben wir Grünen im Laufe der Jahre nach konkreten Fertigstellungsterminen, Gründen für Verzögerungen und nicht zuletzt auch möglichen Schadenersatzansprüchen nachgefragt. Immer wieder versicherte Zeuthens Bürgermeister, der Bahn „Daumenschrauben“ anzusetzen. Letztlich musste auch er immer zusehen, wie die Bahn einen Termin nach dem anderen riss. Das Muster war dabei immer gleich: Erst wenn auch für Laien sichtbar war, dass der „neue Fertigstellungstermin“ nicht mehr zu halten war, teilte die Bahn „neue Probleme“ mit, die zu weiteren Verzögerungen führten. Zuletzt wurde die Bahn gegenüber der Gemeinde und der Presse immer ungenauer. In einem Schreiben an die MAZ Dahmeland von Mitte August 2023 heißt es: […] Der Stillstand der Baustelle seit Anfang 2023 ist Folge der zwischenzeitlichen Änderungen von Gesetzen und Regelwerken. Bereits vorliegenden Planungen müssen auf diese, neuen Anforderungen überarbeitet werden. Im Blickpunkt liegt dabei vor allem die Berücksichtigung von sich häufenden Starkregenereignissen. Um weitere Kosten zu vermeiden, wurde entschieden, die Baustelle ruhen zu lassen, bis der notwendige Planungs- und Materialisierungsvorlauf geschaffen ist.[…] Für Bündnis 90/Die Grünen ist dieser jahrelange Stillstand, der die Gemeinde inzwischen für jeden sichtbar geschädigt hat, nicht mehr folgenlos für die Bahn hinnehmbar. In einer Beschlussvorlage (BV56/2023) fordern wir den Bürgermeister auf, der Bahn einen angemessenen Schadensersatz für die Endlos-Baustelle abzuringen. Weil der konkrete Schaden schwer zu belegen sein wird, sollen „Schadensersatz-Alternativen“ geprüft werden. Die Grünen schlagen zum Beispiel zwei Flächen der Bahn vor, die an die Gemeinde übertragen werden könnten. Beide wären für die weitere Entwicklung des Ortes durchaus sinnvoll. In einer schriftlich eingereichten Anfrage (siehe unten) soll zudem geklärt werden, wie es mit der Baustelle weitergeht. Angesichts der schwammigen Formulierung der Bahn gegenüber der MAZ, der allgemeinen Finanzsituation des DB-Konzerns sowie Unterhaltskosten, die die Bahn jeden Monat ohne fertigen Tunnel einsparen kann (keine Beleuchtung, keine Reinigung, keine Kosten für die Aufzüge, usw.), sind Zweifel an einem (zeitnahen) Fertigstellungs-Interesse durchaus angebracht. Stationsnutzungsgebühren, die die S-Bahn Berlin GmbH – und damit indirekt das Land Brandenburg als Besteller der Leistungen – zahlen muss, werden nach unserem Kenntnisstand trotz Baustelle in vollem Umfang an die DB Station&Service AG fällig. Aktuell sind – wie in Wildau auch – 4,87 Euro für jeden Zughalt zu zahlen, wobei 3,41 Euro auf die „Serviceeinrichtungen“ entfallen. Auf das Jahr 2023 hochgerechnet sind dies immerhin über 300.000 Euro! Anfrage der Grünen an den Bürgermeister: 1. Wurde aufgrund der starken zeitlichen Verzögerung des Projektes seitens der Verwaltung eine (rechtliche) Prüfung durchgeführt, inwieweit die Gemeinde auf Grundlage des Vertrages a) Schadensersatz fordern kann, b) Kostenveränderungen zu befürchten hat (und in welcher Höhe) bzw. c) aus dem Vertrag aussteigen kann und welche Konsequenzen zu befürchten sind? 2. Mit den Beschlüssen 32/2016 und 52/2017 hat die Gemeinde sich bereit erklärt, sich mit knapp 500.000 Euro am Projekt Fußgängertunnel zu beteiligen. a) Wie viel hat davon die Bahn bereits erhalten? b) Wenn ja: Welche konkreten „Leistungen“ wurden abgerechnet? b) Wurde im Verlauf der letzten Jahre durch die Bahn eine regelmäßige Aktualisierung der zu erwartenden Baukosten ggü. der Gemeinde vorgenommen? In einer Antwort der Bahn auf die neuerlichen Verzögerungen am Projekt ist folgenden Satz zu entnehmen: Der Stillstand der Baustelle seit Anfang 2023 ist Folge der zwischenzeitlichen Änderungen von Gesetzen und Regelwerken. Bereits vorliegenden Planungen müssen auf diese, neuen Anforderungen überarbeitet werden. Im Blickpunkt liegt dabei vor allem die Berücksichtigung von sich häufenden Starkregenereignissen. Um weitere Kosten zu vermeiden, wurde entschieden, die Baustelle ruhen zu lassen, bis der notwendige Planungs- und Materialisierungsvorlauf geschaffen ist. Dazu folgende Fragen: 3. a) Welche Gesetze und Regelwerke haben sich seit der Planung des Bauwerkes konkret verändert? Bitte mit Datumsangabe! b) Welche (Teil-)Planungen müssen konkret verändert werden? c) Was versteht die Bahn konkret unter „notwendige Planungs- und Materialsierungsaufwand“?