An der Dorfaue im historischen Ortskern Zeuthen soll ein riesiger Wohn- und Geschäftshauskomplex gebaut werden: Drei Geschosse, 49 Klein-Wohnungen und ein gewaltiger Edeka soll der Koloss umfassen. Der Edeka hätte die größte Verkaufsfläche aller Lebensmittelmärkte in Zeuthen, noch größer als REWE. Die „Edeka-Mehrheit“ aus Bürger für Zeuthen, CDU, Die Linke sowie der Bürgermeister stimmten für den Bebauungsplan und machten so den Weg mit 15:8 Stimmen frei. Mehr als 1000 Unterschriften von Miersdorfer Einwohner*innen, gesammelt von einer Bürgerinitiative, eine Demonstration und eine Menge von kritischen und gut begründeten Stellungnahmen sowie mehrfache Wortbeiträge der Sprecherin Kerstin Bethke in der Gemeindevertreter-Sitzung bewirkten keine Bewegung. Ein maßstabsgetreues Modell der Bürgerinitiative hatte im Herbst die Miersdorfer*innen aufgeschreckt: Aus den Planunterlagen war plötzlich vorstellbar, was da kommen soll.
„Gemeinsam mit der SPD und dem NABU haben wir GRÜNEN uns für den Erhalt der Feuchtwiese und gegen die Zerstörung des historischen Ortskerns eingesetzt“, so Dr. Heike Rosendahl, Co-Sprecherin des GRÜNEN Regionalverbandes Zeuthen, Eichwalde, Wildau und Schulzendorf. „Es ist bedauerlich, dass das gezeichnete Schreckensbild des Wegfalls der Nahversorgung bei der Mehrheit Gemeindevertreter*innen verfing.“


Miersdorf hat zwar eine überdurchschnittliche Kaufkraft, aber der Handelsverband Berlin-Brandenburg warnt: Für zwei Märkte, 370 m nebeneinander gelegen, gibt es möglicherweise keine zwei Betreiber. Er empfahl der Gemeinde, unbedingt ein Konzept für Nachnutzung und möglichen Leerstand am jetzigen Standort zu erarbeiten. Doch das wischte die Edeka-Mehrheitebenso beiseite wie die Einwände aus der Einwohnerschaft.
„Der heutige Besitzer betreibt in Michendorf einen Markt in vergleichbarer Größe wie sein gegenwärtiger Markt in Zeuthen und ist mit der Fläche bei uns im Ort sehr zufrieden, denn er macht hier wesentlich mehr Umsatz, teilte mir der Betreiber des Supermarktes erst im Sommer 2025 mit“, so Holger Pieplow (Bündnis 90/DIE GRÜNEN), Vorsitzender des Umweltausschusses der Zeuthener Gemeindevertretung.
„Für uns sind Einwohnerbefragungen ein wichtiger Bestandteil einer modernen und lebenswerten Kommune. Sie stärken das Vertrauen in die Politik, verbessern die Qualität unserer Entscheidungen und fördern das Gemeinschaftsgefühl“, äußert sich Nina Gänsdorfer, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/DIE GRÜNEN in der Gemeindevertretung Zeuthen. „Leider wurde diese Chance beim Edeka-Projekt in Miersdorf verpasst, obwohl sich das Ortsbild durch den Beschluss der Gemeindevertretung über Jahrzehnte hinweg für alle Bürgerinnen und Bürger verändern wird“, so Gänsdorfer weiter.
Hinter den Kulissen spielt sich ein fragwürdiges Theaterstück um das große Geld ab. Die Nova-Gruppe, die den neuen Klotz errichten möchte, verdient enorm viel Geld nicht nur mit den zukünftigen Mieten, sondern auch mit einer gewaltigen Wertsteigerung eines Teilgrundstücks, den sie auf Vorrat vor vielen Jahren an diesem Platz schon gekauft hat. Sie gebraucht den jetzigen Edeka-Betreiber, um die Gemeindevertretung mit der fragwürdigen Aussage „nur mit dem Koloss gibt es noch Lebensmittel in Miersdorf“, zu beeindrucken. Auf der anderen Seite steht der Vermieter des heutigen Edeka, ein ungarischer Finanzinvestor. Er hat aus Sicht von Bündnis 90/DIE GRÜNEN mit der Gemeinde nicht ausreichend über die Zukunft des jetzigen Standorts gesprochen. Klar ist: Vermieter und Mieter blockieren sich gegenseitig. Edeka Bogisch wirft seinem Vermieter vor, dass dieser jede Modernisierung und Erweiterung ablehne. Sein Vermieter wiederum beklagt, dass Bogisch unbedingt in den Riesenmarkt umziehen wolle, mit ihm über Erweiterung nicht spreche und sich ausschweige, ob er die Verlängerungsgarantie für den Mietvertrag wahrnehmen wolle. Zum Erhalt des jetzigen Standorts wurde viel zu wenig unternommen, stellte eine Vertreterin des NABU fest. Die Aussage des Bürgermeisters zu diesem Komplex stellt auch nicht zufrieden: Das seien Dinge unter Eigentümern und Mietern, auf die wir keinen Einfluss hätten.
Letztlich gab die „Edeka-Mehrheit“ dem neuen Investor den Weg frei. Er kann vergoldete Weihnachten feiern. Feuchtwiese und der Charakter des Ortszentrums werden den Gewinnabsichten von Investoren geopfert.