L401: Alleebäume erhalten oder neu pflanzen?

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Die See- und Goethestraße (bis zum sogenannten „Goethebogen“)
soll ausgebaut werden. Statt „lautem“ Granitpflaster soll der Fahrbahnbelag dann
aus „leisem“ Asphalt bestehen. Dafür engagieren sich Anwohner seit Jahren. Als
der Landesbetrieb Straßenwesen, der für diesen Abschnitt der verantwortlich
ist, die Ausbaupläne vorlegte und verkündete, dass alle Bäume weichen müssten
und man auch keine Allee neu pflanzen würde, war die Bestürzung in der
Bevölkerung groß. Die Allee in der Seestraße gehört zum Zeuthener Ortsbild. Dem
engagierten Einsatz von Einwohnern, unserer Fraktion GRÜNE/FDP (hier vor allem
Uwe Bruns) und der CDU haben dazu beitragen, dass der Landesbetrieb inzwischen die
Neupflanzung der Allee vorschlägt. Doch kann man sich auf so etwas einlassen,
also einfach mal so die alten und schönen Linden opfern? Natürlich liegt die
Antwort nahe: Auf gar keinen Fall! Wenn man die Situation aber gründlich
betrachtet, kann man auch zu einer anderen Einschätzung kommen – gerade weil
man die Allee will.


Zunächst muss man wissen, dass Alleen in Brandenburg durch
das Naturschutzgesetz geschützt sind – allerdings handelt es sich um keinen
absoluten Schutz. Wenn die Verkehrssicherheit gefährdet ist, kann ein Baum  teilweise oder ganz entfernt werden. Ab einem
gewissen Baumalter steigt selbst dann das Schadensrisiko, wenn Bäume regelmäßig
gepflegt werden. Irgendwann muss jeder Baum dran glauben (egal ob an der Straße
oder nicht). Während im Gesetz geregelt ist, was passieren muss wenn ein
gesunder Baum gefällt wird (dann muss nämlich ein oder sogar mehrere Bäume als
Ersatz neu gepflanzt werden), bleibt der Gesetzgeber bei „aus Altersgründen
Verstorbenen“ unklar – im Regelfall kommt also kein neuer hin.

Um zu klären, welchen „Gesundheitszustand“ die Bäume in der
Seestraße haben, hat die Gemeinde auf eigene Kosten (die Bäume „gehören“ dem
Land) ein Gutachten erstellen lassen, dass der Zustand der noch verbliebenen
247 Linden (es gibt ja schon etliche Lücken) recht gut ist, alle Bäume noch
mindestens 10 Jahre vor sich haben, die meisten sogar mehr als 15. Bei einem nur
6m breiten Ausbau der Straße (anstelle der aktuellen 7m und der geplanten 6,5m)
hätten die Bäume auch noch einen guten Erwartungshorizont, so der Gutachter.
Ein weiterer Gutachter kam zu der Erkenntnis, dass 6m Straßenbreite vollkommen
ausreichend sein.

Also spricht alles für den Erhalt der alten Alleebäume. Oder
nicht?

Zunächst einmal weigert sich der Landesbetrieb Straßenwesen,
von den 6,5m abzurücken. Hier ist der Einfluss der Gemeinde extrem begrenzt.
Jegliches versteifen auf eine schmalere Straßenbreite würde vermutlich dazu
führen, dass die Landesstraße in den kommenden Jahren nicht ausgebaut würde.
Für eine etwas breitere Fahrbahn spricht jedoch auch, dass dann mehr Platz
(=Sicherheit) für Fahrradfahrer zur Verfügung stehen würde. Ein Radweg UND alte
bzw. neue Alleebäume lassen sich aufgrund der mangelnden Gesamtstraßenbreite
leider nicht realisieren.

Das größte Problem liegt jedoch unter den Gehwegen: Die
Leitungen zahlreicher „Medien“, also Gas, Wasser, Strom, Telekomunikation etc.
Diese müssen in regelmäßigen Abständen repariert oder ausgetauscht werden,
weshalb sich die Medienträger standhaft weigern sich unterhalb der Fahrbahn
verlegen zu lassen. Nun sollen im Zusammenhang mit dem Straßenausbau auch alle „Medien“
neu verlegt werden. Während unterhalb der Fahrbahn in der Regel nur wenig
Wurzeln verlaufen (so war es zumindest im Straßenabschnitt Richtung Wildau so),
sind im Grünstreifen und unter dem Gehweg viele Wurzeln zu finden. Die
Gesamtmaßnahme, also Fahrbahnausbau, Gehwegbau und Medienneuverlegung, würde
selbst bei vorsichtigem Vorgehen vermutlich zu einer Schädigung der Bäume
führen. Es ist leider anzunehmen, dass dann einige Bäume binnen weniger Jahre
verloren gehen würden, ohne dass es zu einer Neupflanzung käme („altersbedingtes
Ableben“).

Wir haben also folgende Optionen: Mit großen politischen
Aufwand und Risiko (denn so leicht wird sich der Landesbetrieb von der jetzt
vorgelegten Variante nicht abbringen lassen, ggf. wird es auf den Ausbau
verzichten) könnte man die Beibehaltung der alten Alleebäume durchsetzen. Es
käme dann vermutlich zu einem langsamen sterben der Allee, ohne das
nachgepflanzt wird.

Variante zwei lautet: Alle Bäume fällen und eine Allee für
die kommende Generation sichern. Statt 247 Bäume (eigentlich sind es jetzt nur
noch 243) hätten wir dann wieder einen geschlossenen Baumbestand mit 280
Bäumen, die natürlich noch viel kleiner sind. Bei der Neuverlegung der Medien
könnte man diese möglichst weit von den Baumwurzeln entfernt legen, so dass
auch beim Eingehen einen Baumes noch Nachpflanzungen möglich sind. Um nicht
ganz so kleine Bäumchen wie in der Wildauer Schwarzkopfsiedlung zu pflanzen,
könnte man größere Bäume (schon 7m Höhe) verwenden. Das macht schon mal 5-10
Jahre Zeitersparnis. Wichtig ist vor allem eine gute Pflege während der ersten 5
Jahre, damit die Bäume gut anwachsen und schnell größer werden. Leider werden
oft nur 3 Jahre Pflege gewährleistet. Hier sollte die Gemeinde ihrem eigenen
Anspruch genügen und die 2 Folgejahre übernehmen.

Vielleicht sollten wir uns ein Beispiel an unsere Altvorderen
nehmen: Auch sie haben die Alleebäume nicht für sich, sondern für die nächsten
Generationen gepflanzt. Wir konnten uns an ihrer Schönheit über Jahrzehnte
erfreuen. Jetzt ist es Zeit, auch unseren Kindern und Enkeln etwas von dieser
Schönheit zu schenken.
Der Text stellt ausschließlich die Meinung von Jonas Reif dar.