Update 2.Grundschule: Umdenken wäre im Sinne der Kinder

Fünf Monate sind seit dem letzten Blog-Artikel zur Schule vergangen: Was hat sich inzwischen getan und vor welchen Herausforderungen steht die Gemeinde in den nächsten Wochen und Monaten? Die wichtigste Frage jedoch: Wann wird es endlich eine Entlastung für die Grundschule am Wald geben und damit ein Verbesserung der Situation geben?

Rückblick

Die wichtigste Entscheidung war sicherlich die Beauftragung des Bürgermeisters, mit der Evangelischen Schulstiftung ein Vertrag zur Errichtung und zum Betrieb einer freien, zweizügigen Grundschule auszuarbeiten (27.4.21). Dies erfolgte, nachdem die Gemeinde zur Erkenntnis kam, dass sie nicht in der Lage ist, eine zweite, eigenständige Grundschule zu finanzieren. Wermutstropfen: Laut Aussagen der Verwaltung ist die neue Schule aufgrund der vorangeschrittenen Zeit und Kirchen-internen Entscheidungsketten erst zum Schuljahr 2024/25 möglich (zu den Unterstreichungen folgen später noch Ergänzungen).

Für Irritationen sorgten indes neue Geburtenzahlen und eine daraus abgleitete „Schülerzahlen-Prognose“. Erst nach mehrmaligen Nachfragen der Grünen und Korrekturen durch das Amt wurden daraus halbwegs nachvollziehbare Zahlen. Ein „Wanderungsgewinn“ von Kindern zwischen dem ersten und zwölften Lebensjahr, der in der Vergangenheit deutlich höher war als der Wanderungsgewinn aller Altersgruppen, ist in den Gemeindezahlen noch immer nicht enthalten. Aus unserer Sicht lässt sich zudem ein weitergehender Ausblick wagen (siehe http://gruene-in-zes.blogspot.com/2021/05/schulerzahlen-was-die-zahlen-der.html). Als Erkenntnis bleibt, dass vor allem in den kommenden 5 Jahren ein massives Raum-Problem besteht, das wohl noch größer ist, als von der Verwaltung in ihrer Prognose dargestellt wird. In der zweiten Hälfte der 20er Jahre könnte sich die Situation langsam entspannen.

Solche Zahlen sind selbstverständlich nie hundertprozentig, mit jedem Jahr weiter in der Zukunft nehmen Unsicherheiten zu. Sie geben auch kein vollständiges Abbild der tatsächlich benötigten Schulplätze wieder, da Kinder auch freie Schule oder Schulen in anderen Kommunen besuchen können, genauso können Kinder aus anderen Gemeinden in die Zeuthener Grundschule gehen. Bislang gingen allerdings mehr Zeuthener Kinder auf fremde Schulen als umgekehrt. Dennoch ist es Pflicht jeder Kommune, jedem Zeuthener Kind auch ein Zeuthener Schulplatz anbieten zu können.

Von großer Bedeutung für das Gesamtkonzept ist auch der Bau des Multifunktionsgebäudes mit Mensa und
Horträumen auf dem erweiterten Gelände der Grundschule am Wald. Anfang
des Jahres wurde hier die Leistungsbeschreibung auf den Weg gebracht,
die die Grundlage für die Generalübernehmerausschreibung bildet. Die
Gemeinde geht hier davon aus, dass das Multifunktionsgebäude zum Schuljahresbeginn 2023/24 zur Verfügung steht.
Update: Die Ausschreibung für den Genenalübernehmer ist bislang noch nicht erfolgt, weil man die Förderfähigkeit des Projektes aufgrund neuer Förderrichtlinien noch einmal prüfen möchte. Grundsätzlich ist solch eine Prüfung sinnvoll und wird von uns unterstützt, führt aber schon zu ersten Verzögerungen.

Das Projekt der freien Waldorf-Schule in Zeuthen schreitet ebenso voran. Auch wenn dort wohl noch nicht alle Hürden für den anvisierten Schulstart nach der Sommerpause überwunden zu sein scheinen, hat der Bürgermeister zumindest ein zeitweiliges Quartier gefunden. Mittelfristig ist aber auch hier eine größere Fläche notwendig, damit der Trägerverein sein Konzept einer einzügigen Schule (Klasse 1-13) umsetzen kann. Die Verwaltung geht davon aus, dass die Waldorfschule im Primarbereich zu einer 1/2zügigen Entlastung der kommunalen Grundschule führen könnte.

Erwartbare Risiken werden ausgeblendet

Am 6.Mai wurde der aktuelle Stand mit Eltern und Vertretern der Fraktionen in einer Diskussionsrunde ausgetauscht. Wichtige Themen waren dabei Termine und Risiken, die sich vor allem auf Rechtsfragen und den Standort „Münchner Straße“ bezogen. Hier gab der Bürgermeister Entwarnung: Er geht davon aus, dass selbst im Falle von Klagen gegen den Bebauungsplan kein Bauverzug zu erwarten ist. Als Jurist mit Spezialisierung auf Verwaltungsrecht wollen wir seiner Einschätzung vertrauen. 

Viele andere Risiken, die zu einer Verzögerung oder gar noch zum Scheitern des Projektes führen können, wurden bzw. werden ausgeblendet. Auch angesichts vieler kommunaler und privater Bauprojekte in Zeuthen, die viel langsamer als geplant voranschreiten, sollten diesbezügliche Warnungen ernst genommen und frühzeitig einkalkuliert werden.

Die Situation in der Baubranche ist noch immer überhitzt. Die Personal-Kapazitäten in Baubehörden, Planungsbüros und Baubetrieben ist und bleibt ein gewaltiges Nadelöhr, dass sich selbst mit vorgefertigten Modulbauten nur bedingt umgehen lässt. Hinzu kommen derzeit Materialengpässe, die zu enormen Preissteigerungen führen. Solche Kostensteigerungen können Projekte wesentlich verteuern und damit wiederum die Kalkulationen ins Wanken bringen – dies trifft private wie kommunale Bauherren und-projekte gleichermaßen.

Allein die benötigte Zeit für einen Bebauungsplan kann 2 Jahre schnell überschreiten (siehe Tabelle unten). Dies gilt vor allem dann, wenn es zu zahlreichen Einwendungen und Hinweisen bei der Beteiligung der Öffentlichkeit und Träger Öffentlicher Belange kommt, größere Umwelteingriffe zu erwarten sind und geeignete Ausgleichsmaßnamen gesucht werden müssen. Auch die Planung von komplexeren verkehrlichen Erschließungen von zukünftigen Bauflächen braucht seine Zeit.

Tabelle: Benötigte Zeit für B-Plan-Verfahren (beschlossene B-Pläne seit 2015)

Quelle: Allris, Gemeinde Zeuthen

Würde man die Zeit zwischen finalem Beschluss in der Gemeindevertretung und tatsächlicher Fertigstellung von Bauprojekten in Zeuthen als Grundlage nehmen, z.B. die Kitaerweiterung Miersdorf, die Öffentliche Toilette am Bahnhof, den Fußgängertunnel, usw., wären wohl 2025 für den Multifunktionsbau und 2026/27 für die neue Grundschule samt Sporthalle und Sportplatz sichere Termine. Angesichts eines Generalübernehmers beim Multifunktionsbau und Evangelischer Schulstiftung besteht eine realistische Hoffnung, dass diese Ziele jeweils ein Jahr früher erreicht werden.

Besser jetzt gute Übergangslösungen statt Notprovisorien in letzter Minute

So unsicher Schülerzahlenprognosen sein mögen – eines steht fest: Die hohen Schülerzahlen sind bereits jetzt ein Problem und werden es auch die nächsten 5 Jahre sein. Auf das „Prinzip Hoffnung“ und Fertigstellungen in 2023 bzw. 2024 zu setzen, widerspricht einer Politik, die sich an realistischen Maßstäben orientiert. Das Übergangslösungen in Diskussionen wenig beliebt sind, ist nachvollziehbar: Nicht selten werden daraus Dauerlösungen. Andererseits haben Diskussionen in der Gemeindevertretung hier durchaus Alternativen aufgezeigt, die weiter verfolgt werden sollten. Dabei sollte auch nicht vergessen werden, dass die Probleme hoher Schülerzahlen in der Folge im Sekundarbereich (Oberschulen) ankommen werden.

Die schulorganisatorisch sicherlich einfachste Lösung wäre das Aufstellen von Containern an der Grundschule am Wald (neben der „Großen Schwester“). Bereits die „Große Schwester“ ist damals kurzfristig aus einer Notsituation errichtet worden (ohne Bebauungsplan und Änderung des Flächennutzungsplans!). Die Preise für Container sind überschaubar, Qualitätseinbußen im Unterrichtsbetrieb übersteigen in keinem Fall den Verlust von Fachräumen, die andernfalls geopfert werden müssen. Die Frage, ob die Container den Bau des Multifunktionsgebäudes behindern könnten, ist bislang nicht beantwortet worden. 

Eine womöglich bessere, wenngleich schulorganisatorisch kompliziertere Lösung, sind Container für einen Klassenzug auf dem Bolzplatz in der Schulstraße. Auch wenn hier noch viele Fragen geklärt werden müssten (wo befindet sich der Pausenhof der Grundschüler? Wie wird die Schulspeisung und der Hort gelöst? Wie lässt sich der Sportunterricht umsetzen? usw.) hat der „Schulzentrum-Vorschlag“ viel Charme. Es wäre der erste Schritt, um in der Folge die Raumkapazitäten an der Paul-Dessau-Schule zu erweitern und final das SPOX-Gebäude für den Primar-Bereich umbauen und nutzen zu können (ggf. ist auch ein zusätzlicher, größerer Sportraum notwendig). Dies würde auf beiden Seiten der Bahn kommunale Grundschulplätzen bieten und durch entsprechende Schulbezirke zu tatsächlich kürzeren Schulwegen für „kurze Beine“ führen. Zugleich würde das „Projekt Schulzentrum“ bestehende Probleme in der Oberschule angehen, z.B. noch immer fehlende Fachräume.

Zeuthener Winkel bleibt der bessere Standort für Schulen in freier Trägerschaft

Anders als in der Besprechung am 6.Mai von der Verwaltung dargestellt, basiert der schon in Aufstellung befindliche Bebauungsplan „Zeuthener Winkel“ auf einem von der Gemeindevertretung gebilligten Konzept („Variante C“), welche Flächen konkret für den Gemeinbedarf benennt – dazu zählen auch Schulen. Auf einer Fläche ließen sich ggf. sogar zwei Schulprojekte – Evangelische Grundschule und Waldorfschule – zusammenführen, so dass Außenanlagen, Sportplatz und Turnhalle effizient gemeinsam genutzt werden können.  

Die schon mehrfach aufgetauchten Behauptungen zu dieser Fläche (Grundwasserschutzgebiet & Altlastenverdacht) sind ebenso mehrfach wiederlegt worden, u.a. von der Kreisumweltbehörde. Anders als Waldflächen lassen sich Wiesenflächen verhältnismäßig leicht ausgleichen, teilweise werden sogar Dach- und Fassadenbegrünungen als (Teil-)Ausgleich anerkannt. Die Erschließung ist durch eine östlich zum bisherigen Baugebiet verlaufende neue Straße gegeben, ebenso ist ein Radweg geplant. Eine Fußgängerbrücke oder -tunnel würde den kurzen Weg in das Bayrische Viertel schaffen. Anders als bei vielen anderen Projekten werden sichere Schulwege übrigens noch immer gut gefördert!

Neben einer schnelleren (= von der Gemeinde beeinflussbaren) Schaffung von Baurecht spricht auch die bessere Lage im „Dreiorte-Eck“ für den Standort „Zeuthener Winkel“. Einerseits werden hier wohl die meisten neuen Häuser in Zeuthen entstehen und sich damit hier auch der Zuzug von Kindern konzentrieren. Schulzendorf wird die nächsten 10-20 Jahren angesichts vieler aktueller und geplanter Bauprojekte im ZES-Verbund am stärksten wachsen. Somit könnte auch die sichere Auslastung der freien Schulen über das Jahr 2030 hinaus sichergestellt werden. Auch wenn die Kommune nicht für diese Schulen verantwortlich ist, wäre ein Scheitern solcher Angebote mit neuen Problemen verbunden.

Das Thema Kosten sollte ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden. Im Gemeindehaushalt 2021 wurden 190.000 Euro für einen Schul-Bebauungsplan vorgesehen. Würde man die Schule(e)  im Zeuthener Winkel bauen, könnte man diese Summe einsparen (die Kosten des B-Plan-Verfahrens soll dort der Investor tragen).

Auch wenn man die Leitbilder von Schulträgern bzw. ihrer Dachorganisationen ernst nimmt, wie zum Beispiel das seit 1.1.2021 gültige  Klimaschutzgesetz der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Oberlausitz, kann eine Rodung eines gut entwickelten Mischwaldes in der Münchner Straße keine Option mehr darstellen.

Lieber jetzt umdenken statt Dauerstreit fortsetzen

An einmal gefassten Beschlüssen festzuhalten, kann für Verlässlichkeit und politische Konstanz stehen, aber genauso spricht es auch für die Unfähigkeit, sich an veränderte Situationen anzupassen. Die erwartbaren Probleme bei den beiden Bauprojekten werden entweder zu einer noch länger angespannten Situation in der Grundschule am Wald führen, oder Notlösungen „in letzter Minute“ erfordern (z.B. Eröffnung von Gebäudeteilen, Ausfall von Sportunterricht oder Übergangsräume in öffentlichen Gebäuden).

Die Option Schulzentrum Schulstraße trägt dagegen der Hauptforderung nach (kommunalen) Grundschulplätzen beiderseits der Bahn Rechnung. Hier aufgestellte Container würden umgehend zu einer Entlastung der Grundschule führen – und damit allen Schulkindern helfen.

Mit einem Wechsel von der Münchner Straße zum Zeuthener Winkel würde man nicht nur Geld sparen und Wald schützen, sondern einen Dauerstreit in der Gemeinde und der Gemeindevertretung beilegen. Es gibt genug Dinge im Ort, auf die man sich mehr konzentrieren und im politisch guten Sinn streiten sollte.

Zusammen mit der SPD haben wir Grünen einen entsprechenden „Umdenken“-Antrag in die Gemeindevertretung am 18.5. eingebracht. Aus unserer Sicht bietet dieser die beste Möglichkeit, zeithnah die Grundschule zu entlasten, ein langfristig sinnvolles Schulzentrum anzugehen und freien Schulen eine nachhaltige Perspektive zu geben. Nebenbei wird Wald geschont und Geld gespart.