Seestraße: Warum ich für die Neupflanzung der Allee bin 1. Juli 2018 DER NACHFOLGENDE TEXT STELLT EINE PERSÖNLICHE MEINUNG DAR Die Debatte um den Ausbau der Seestraße und die damit verbundene Fällung der bestehenden Allee wird emotional geführt. Verständlich, denn die Allee besteht 236 alten, weitgehend gesunden Bäumen, die nicht nur ortsbildprägend ist, sondern viele Zeuthener und Gästen tagtäglich bei der Einfahrt in unsere Gemeinde „begrüßt“. Zusammen mit den Waldflächen und den Seen machen die Alleen wesentlich die Lebensqualität unseres Ortes aus. Damit steht für mich auch fest, dass die Hürden, die zu einer Fällung der Allee existieren, sehr hoch sind. Und dennoch bin ich abschließend, nach langer Abwägung der Pro’s und Contra’s, für eine Fällung der bestehenden Bäume und eine Neupflanzung der Allee. Das ist erklärungsbedürftig. Als langjähriger Gemeindevertreter (seit 2003) sind mir die Klagen der Anwohner der Seestraße mehr als vertraut. Sie gründeten sogar einen Verein und versuchten alles Mögliche, wie man die Belastungen aus Lärm und Erschütterungen minimieren konnte. Immer wieder suchten sie den Kontakt zu den politischen Entscheidungsträgern, fragten in Gemeindevertretersitzungen nach und schrieben unzählige Briefe. Jahrelang musste man als Gemeindevertreter die Anwohner vertrösten, weil das Land als Straßen-Verantwortlicher Zeuthen immer hinten anstellte. Auch die häufig kritisierte Situation des Gehwegs ließ sich angesichts von Wurzeln und der Höhe der Grundstückszufahrten nur sporadisch etwas ausbessern. Nun endlich besteht die Möglichkeit, die Situation der Anwohner hinsichtlich des Lärms, der Erschütterungen und der Gehwege grundlegend zu verbessern. Etwa 20 Jahre nach der Fertigstellung des Abschnittes Fontaneallee/Lindenallee könnte die L401 dann „fertig“ sein. Anders als im Abschnitt Fontaneallee/Lindenallee sollen jedoch die Straßenbäume weichen. Als 2015 die ersten diesbezüglichen Pläne auftauchten, war dies für mich eine Horrorvorstellung, vor allem auch deshalb, weil der Landesbetrieb keine oder nur sehr wenige Bäume neu pflanzen wollte. Das Seestraßen-Alleenbild, das ich seit meiner Kindheit mit Zeuthen verbinde, wäre ein für alle Mal verloren. Damals hieß es auch von einigen Personen: Es geht nur eines: Entweder Straßenausbau oder Bäume. Damit schlossen sie auch neu zu pflanzende Bäume ein. Sofort habe ich damals nach Lösungen gesucht und den Druck auf Verantwortliche in Landkreis und Land erhöht. Die erste im Raum stehende Frage war, ob die Bäume wirklich in einem solch schlechten Zustand waren, wie es uns der Landesbetrieb Straßenwesen weiß machen wollten. Zusammen mit einem Anwohner der Seestraße besuchte ich die Untere Naturschutzbehörde in Lübben, wo wir nicht nur in Unterlagen einsahen, sondern auch deutlich machten, wie sehr wir um die Allee kämpfen werden. Es folgten weitere Gespräche und Mails mit dem Landesbetrieb Straßenwesen, dem Landesbüro der Anerkannten Naturschutzverbände und der Brandenburger Alleenschutzgemeinschaft. In die Gemeindevertretung brachte unsere Fraktion den Antrag zu einer unabhängigen Prüfung der Baumgesundheit ein (die Prüfung ergab später, dass die Bäume in einem erstaunlich guten Zustand waren). Dies, zusammen mit den deutlichen Meinungsäußerungen, die es zum grundsätzlichen Erhalt der Allee in den Ortsentwicklungsausschusssitzung gab, führte dazu, dass der Landesbetrieb seine Planungen revidierte und nun eine Neupflanzung der Allee vorschlug. Durch einen Gemeindevertreter, den wir nochmals verbesserten (Pflanzung von größeren Bäume, die schneller wieder ein Alleen-Bild erzeugen sowie bessere Pflege) haben wir letztlich diesem Vorschlag zugestimmt. Aber warum soll man eine Allee neu pflanzen, wenn die Bäume gesund sind? Dies ist wohl die Frage, die sich viele stellen. Man muss sich aber vergewissern, dass es sich dabei um den Zustand vor der Baumaßnahme handelt. Auch wenn es heute bereits etliche Methoden gibt, wie man „baumschonender“ Straßenbaumaßnahmen durchführen kann, wird das, was in der Seestraße geplant ist, auf jeden Fall erhebliche Beeinträchtigungen mit sich bringen. Der grundhafte Ausbau bedeutet, dass nicht nur die Oberste Deckschicht ausgetauscht wird, sondern auch die darunter liegenden Tragschichten. Und diese werden heute deutlich stärker ausgelegt als noch von 100 Jahren. Dazu kommt auch noch ein neuer Entwässerungskanal, der aufgrund zunehmender Starkregenereignisse entsprechend groß dimensioniert sein muss. Er wird also alles Metertief aufgerissen. Auch der Gehweg muss fachgerecht mit entsprechendem Unterbau errichtet werden. Und da der Straßenraum in der Seestraße besonders eng ist – viel enger, als in der Fontane- und Lindenallee – wird haarscharf bis an die Stämme heran aufgeschachtet. Egal, wie vorsichtig man ist: Die kann nicht ohne Wurzelverletzungen und -abtrennungen an den Bäume vonstattengehen. Dadurch wird nicht nur deren Statik in Gefahr gebracht, sondern auch derart große Wurzelwunden verursacht, die der Baum nicht mehr heilen kann. Fortan wird es Einfallstor für holzzerstörende Baumpilze erster Klasse geben. Es mag sein, dass die meisten Linden die Baummaßnahme zunächst „visuell“ gut überstehen. Der Schaden aber schlummert im Boden. Und wenn dann mal wieder ein Orkan über Zeuthen zieht und „plötzlich“ Bäume in der Seestraße umfallen, vielleicht sogar jemand zu Schaden kommt, möchte ich wissen, wer dafür haften soll? Einen Eindruck, wie so etwas aussehen kann, konnte man sich im letzten Jahr in Brieselang westlich von Berlin verschaffen (einfach mal die Wörter „Sturmschäden“ „Brieselang“ bei der Google-Bildersuche eingeben). Dort hat der Sturm Xavier eine ganze Baumreihe entlang einer neuausgebauten Straße umgelegt. Es ist dabei völlig unerheblich, dass es sich um Pappeln gehandelt hat, weil Pappeln und Linden unter den hiesigen Boden- und Grundwasser-Bedingungen ein ähnliches Wurzelsystem ausbilden. Auch der Baumgutachter, der für Zeuthen den heutigen guten Zustand der Bäume festgestellt hat, gab abschließend die Empfehlung, die Allee neu zu pflanzen (zumindest hat er mir das gegenüber erklärt). Nur dies garantiert langfristig, dass in der Seestraße (wieder) eine Allee bleibt. Für mich hat eine Neupflanzung auch etwas mit Generationengerechtigkeit zu tun. Wir profitieren heute davon, was unsere Vorfahren gepflanzt haben. Wir sollten auch dafür sorgen, dass unsere Kinder und Enkelkinder einmal eine schöne Allee haben. Straßenbäume werden keine 200 oder 300 Jahre alt, wie es vielleicht Linden in der freien Landschaft schaffen. Nachpflanzungen von Staßenbäumen in bestehenden Alleen sind immer komplizierter und mit größeren Risiken verbunden. Das steht auch so im Zeuthener Alleenkonzept, wo eher zur Neupflanzung ganzer Alleen geraten wird. Inwiefern eine Nachpflanzung in der Seestraße überhaupt möglich wäre, wenn man die Bäume zunächst erhalten würde und es dann nach und nach zum Absterben von Bäumen kommt, bleibt angesichts der dann ausgebauten Gehwege fraglich. Die Neupflanzung bietet zudem die Möglichkeit, eine andere Baumart als Linde zu verwenden. Zwar sind Linden für die Bedingungen in unserer Region gut geeignet, doch ist heute fast jeder zweite Straßenbaum hier eine Linde. Angesichts vieler Baumkrankheiten, die in den letzten Jahren in Europa und Nordamerika aufgetreten sind, sucht man nach Wegen, eine Krankheitsausbreitung vorbeugend zu vermeiden. Eine Devise lautet: Vielfalt statt Monotonie. Wenn möglich, sollte in jeder Straße eine andere Baumart stehen. Lindenbefürworter geben immer an, dass Linden so viel Nahrung für Bienen bieten. Ab was nutzt diese Überfluss-Nahrung im Juni/Anfang Juli, wenn in der Zeit davor und danach nicht genügend Nektar und Pollen zur Verfügung stehen? Wer wirklich etwas für Bienen tun will, sollte sich dafür einsetzen, dass in der Seestraße Bäume gepflanzt werden, die zu anderen Zeiten blühen.