Geradeaus-Starts statt Hoffmannkurve: Keiner übernimmt die Verantwortung

Daniela Wagner MdB, Mitglied des Verkehrsausschusses und in der
Grünenfraktion zuständig für Luftverkehr, äußert sich folgendermaßen  zu
den Abweichungen vom festgelegten Flugroutenkonzept am Flughafen BER:

Am Flughafen BER geht es bei der Einhaltung der vom Bundesaufsichtsamt
für Flugsicherung erlassenen Flugrouten drunter und drüber, durchgehend
zu Lasten der Menschen in der Flughafenregion. Keiner übernimmt die
Verantwortung. Die Flughafengesellschaft verweist auf die Deutsche
Flugsicherung. Die Deutsche Flugsicherung lässt Fluggesellschaften und
Pilot*innen gewähren. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung verhängt
keine Strafen, weil folglich nicht gegen Anweisungen der Deutschen
Flugsicherung verstoßen wurde. Das ergeben die Antworten auf meine
schriftlichen Fragen an die Bundesregierung (im unten).

Dazu Daniela Wagner: „Diese Situation ist höchst unbefriedigend. Wenn im
Straßenverkehr Höchstgeschwindigkeiten, die aus Lärmschutzgründen
erlassen wurden, überschritten werden, ist ein Bußgeld fällig. Im
Luftverkehr dagegen gibt es extrem weite Spielräume, die folgenlos
ausgenutzt werden. Die rechtliche Situation und das Verhalten aller
Beteiligten ist unbefriedigend und in hohem Maß rücksichtlos. Unter dem
unnötigen Lärm leiden viele tausend Menschen. Es ist dringend notwendig,
sofort für mehr Disziplin zu sorgen. Außerdem zeigt dieses unschöne
Beispiel erneut, dass wir Gesetze und Regelungen brauchen, die die
Menschen in den Flughafenregionen besser schützt.“

Hintergrund:
Bei Abflug am Flughafen BER von der Südbahn nach Osten führt eine
Flugroute direkt über die Orte Schulzendorf, Eichwalde und Zeuthen mit
zusammen rund 27.000 Einwohnern. Wegen der hohen Lärmbetroffenheit
müssen Pilot*innen für diese Route eine Freigabe von der  Deutschen
Flugsicherung einholen. Diese dürfen die Pilot*innen ausschließlich dann
erhalten, wenn sie die alternativen, lärmärmeren Routen nicht fliegen
können. Letztere kurven unmittelbar nach dem Start und deutlich vor dem
Siedlungsriegel ab. Simulationen der Deutschen Flugsicherung hatten
ergeben, dass die Route über den Siedlungsriegel nur für eine
verschwindende Minderheit der Flugzeuge erforderlich ist. EasyJet
verwendet diese Route nun ausschließlich, auch von anderen
Fluggesellschaften wird sie genutzt. Obwohl der Flughafen weit von
seiner Vollauslastung entfernt ist, wurden am 5. August über 40
Flugzeuge auf dieser Route gezählt. Einwohner*innen registrierten an
nachfolgenden Tagen mit Ostbetrieb über 50 Flüge. Ursprünglich
prognostiziert waren 11 Flugzeuge auf dieser Route bei Vollauslastung
des Flughafens.

Auch eine halbwegs präzise Befliegung der Kurvenrouten klappt bei der
Mehrzahl der Verkehrsteilnehmer*innen nicht. Vorgesehen ist ein Abheben
weit vor dem Ende der Piste und eine reduzierte Geschwindigkeit im
Steigflug, um eine Überschießen über die Kurven zu vermeiden. Tatsache
ist, dass die Verkehrsteilnehmer*innen sich nicht die Zeit nehmen, vom
Terminal (im Osten des Flughafens) den Beginn der Piste (im Westen des
Flughafens) anzufahren, um ein vorzeitiges Abheben zu ermöglichen. Die
Deutsche Flugsicherung zieht sich darauf zurück, dass sie den Piloten
die komplette Bahnlänge anbietet. Weder die Flugsicherung, noch der
Flughafenbetreiber kümmern sich aber um eine entsprechende Nutzung. Die
Folge sind weit zum Siedlungsriegel hin verlagerte Flüge und teilweise
sogar ein Drehen über den Ortschaften. Da die Kurven immer noch von der
Mehrzahl der Piloten genutzt werden, stellt auch das eine große,
unnötige Lärmbelastung dar.